29.06.2014 – Münchner Stadtlauf

Diesen Stadtlauf werden die Teilnehmer nicht so schnell vergessen. Bereits seit Monaten trainierten wir auf diese Laufveranstaltung. Wir, das sind meine Frau Tina und ich.

Warum gerade auf diesen Lauf? Nun, eigentlich ist der Halbmarathon mittlerweile eine beherrschbare Distanz für meine müden Laufknochen. In diesem Jahr möchte jedoch auch meine Frau erstmals und ohne große Schmerzen die halbe Königsdistanz absolvieren. Tina will die 21k laufen! Das konnte ich anfangs schlicht nicht glauben. Die Frau, die wirklich nur läuft, weil es ihr Spaß macht und dabei außer Enspannung kein Ziel vor Augen hat. Jetzt will sie es tatsächlich wissen. Bereits gleich nach dieser Bekanntmachung vor einigen Monaten habe ich im Internet eine stylische Laufuhr erworben und diese meiner Frau anlässlich des Trainingsbeginns geschenkt. Gut – ein gewisser Eigennutzen lässt sich nicht verleugnen. Ich liebe Technik und habe somit auch für mich ein neues Spielzeug angeschafft. Die letzten Wochen und Monate wurden also verbracht mit Training. Anfangs intensiv, dann irgendwie nicht mehr so intensiv und zum Schluss dank schlechtem Gewissen doch wieder etwas intensiver. Bis auf 17km am Stück hat es die liebe Tina im Training gebracht. Tja, hab ich mir gedacht. Ob das wohl reicht? Zwischen 17 und 21k sind ja immerhin noch vier weitere KM. Und dann weiß ich ja, dass im Wettkampf meistens schneller gelaufen wird. Hält sie das durch. Und wer kennt nicht die Besonderheiten des Sport Scheck-Laufs in München. Man startet um 8h und spätestens um 9h befindet man sich in der prallen Sonne des Englischen Garten. Time to schmor away!

Doch alles kam anders als erwartet! Da war er nun der Wettkampf-Tag. Wir sind bereits vor 6h aufgestanden. Unsere Kinder haben wir am Vortag gut bei den Großeltern untergebracht. Alle Konzentration galt nun dem Lauf. Der Himmel war schon in der Früh bedeckt, kein Regen! Nun ja. Genau so lang bis wir den Weg zum Startblock in der Nähe des Marienplatzes gemeistert haben. Dann kam er plötzlich und er kam stark – der Regen. Direkt mit dem Startschuss regnete es wie aus Kübeln.

 

Kristina und Thomas Schmid beim Münchner Stadtlauf

Die ersten 1-2 Km haben wir uns davon nicht beeinträchtigen lassen. Tina hat von vornherein eine 6:30er Pace anvisiert. Mit der stoischen Ruhe des Philosophen hielt sie diese Geschwindigkeit stetig aufrecht. Kaum im Englischen Garten angekommen, hat ein erster Mitläufer mit meiner lieben Frau (sieht noch mehr super aus als sonst, weil total durchtrainiert) ein Zwiegespräch begonnen. Der selbsternannte Ausnahmeläufer hat sogleich von seiner großen Laufroutine und dem 30km-Lauf des letzten Wochenendes berichtet. Ich habe mich nicht als Ehemann zu erkennen gegeben. War auch gar nicht so schnell möglich. Der Quasi-Ultraläufer musste nämlich kurz nach diesen Verkündungen eine Gehpause einlegen, wodurch die Unterhaltung mit meiner uhrwerkähnlich laufenden Frau abrupt beendet war.
Mir passte das ganz gut, weil ich die Ruhe beim Laufen liebe. Tja, aber eben nicht immer kriege. Denn nun nutzte meine Frau immerhin nun schon nach Passieren der 5km-Tafel die neue Freiheit für einen kleinen Plausch mit mir. Und da war nun wirklich viel Puste über zum Plauschen. So schwanden auch die nächsten KM. Der Regen wurde dabei immer stärker. Versuchten wir zu Beginn noch die Pfützen der kiesgebundenen Wege des Englischen Gartens zu umlaufen, so ließen wir spätestens ab KM10 und nach einigen ungewollten Flutungen unseres Schuhwerks davon ab. Die Nässe kam von oben, unten, links, rechts und von innen. Eines jedoch änderte sich nicht. Meine Frau hielt weiter die eingangs genannte Geschwindigkeit. Auch der Regen konnte dies nicht beeinflussen.

Nachdem wir auch die KM15 passierten, machte ich mich nun allmählich auf die üblichen Einbrüche einer HM-Erstbestreiterin gefasst. Schon jetzt überlegte ich mir Geschichten, mit denen ich Tina auf andere Gedanken bringen könnte. Ich bin Profi und daher sollte sie gar nicht merken, wie ich ihren Geist von den Schmerzen des Körpers abwende. Leider konnte ich al diese genialen Vorbereitungen gar nicht zum Einsatz bringen. Trotz mehrfacher Nachfragen meinerseits konnte mir Tina keine großen Ermüdungserscheinungen bestätigen. Auch nicht nach dem 17. und dem 18.Km?! Wie macht sie das? Warum hatte ich nicht so einen grandiosen ersten HM? Liegt es vielleicht daran, dass meine Frau diese Dinge einfach viel entspannter angeht als ich? Es blieb keine Zeit lange über diese Umstand nachzudenken. Schon verließen wir wieder den Englischen Garten und starten die letzten beiden KM zum Ziel am Marienplatz. Meine Frau reagierte darauf eher motiviert und erhöhte zum Schluss noch die Geschwindigkeit. Mit 2.15h, erhobenen Armen und gefüllten 5 Litern Regenwasser in den Kleidern erreichten wir sodann das Ziel des Halbmarathons.

Und die Moral von der Geschichte: Man darf sich seiner Überlegenheit niemals so sicher sein. Einige Menschen greifen auch Neues durch ihre Besonnenheit besser an als so manche Wiederholungstäter. Damit erwirken Sie auch bei routinierten Läufer große Bewunderung. Eigentlich war dies wohl eher eine Lehrveranstaltung für mich. Ja! Und ich bedanke mich dafür bei meiner Frau! Wahrlich es war ein Genuss-Lauf!

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